Schwarzwild-Management in Lambrecht

Schwarzwild-Management in Lambrecht
05.11.2023

CDU 2023: Schwarzwild- Management in Lambrecht

Die Entwicklung Schwarzwildpopulationen in Deutschland und Europa.

Etwa seit den 1960er Jahren steigen die Schwarzwildbestände und damit die Jagdstrecken in einem Maße an, wie das noch nie beschrieben wurde, seit es entsprechende Aufzeichnungen gibt.

Quelle: Streckenstatistiken des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz. In den beiden unteren Zeilen sind die betreffenden Jagdperioden vorgetragen:


          
             
 

 

 

 

 

 

 

 

Eines der renommierten Institute, das sich wissenschaftlich mit diesem Phänomen befasst hat, ist das Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die folgenden Übersichten aus einem Artikel dieses Instituts (Sebastian G. Vetter: „Schwarzwild: Einfluss des Klimawandels“. www.weidwerk.at)  zeigen den rasanten Anstieg der Jagdstrecken in ausgewählten Bereichen Europas.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gründe für den Anstieg:
In der Vergangenheit regulierten strenge Winter und knappe Nahrungsreserven die Wildschweinbestände. Strenge Winter, die insbesondere die Wintersterblichkeit der Frischlinge erhöhte, sind selten geworden.
Insbesondere hat sich aber auch das Nahrungsangebot deutlich verbessert:
• Buchen und Eichen fruktifizieren infolge der Klimaerwärmung deutlich häufiger als früher. Mastjahre (Jahre, in denen Eichen und Buchen reichlich Früchte tragen) führen zu einem raschen Wachstum der Population. Eine Bache kann bis zu 12 „Frischlinge“ bekommen und bei gutem Nahrungsangebot werden bereits Frischlingsbachen (einjährige weibliche Wildschweine) trächtig und beteiligen sich eifrig am Reproduktionsgeschehen.
• In der Landwirtschaft hat der immens angestigene Maisanbau den Wildschweinen ebenfalls das Leben erleichtert.

Das anpassungsfähige Schwarzwild ist somit einer der Gewinner der klimatischen Veränderungen, mit den wir seit einem halben Jahrhundert zu leben haben.
Wenn früher einmal die Wildschweinbestände zu stark angestiegen waren, kam es auch immer wieder zu einem Durchzug der Schweinepest.  Auch das ist vorbei, seit bei Gefahr die Wildschweine durch Impfköder geschützt werden, um so den Übergriff der Seuchen auf die Hausschweinbestände zu verhindern. Im Moment droht von Osten her ein neuer gefährlicher Seuchenzug, die „Afrikanische Schweinepest“, gegen die es keine Impfmöglichkeit gibt.

Das heutige hohe Niveau der Schwarzwildbesände in Europa kann niemand so wollen. Nicht die Landwirte, deren Feldern umgewühlt werden, schon gar nicht die Schweinezüchter, die bei Seuchen in der Wildbahn die  Ansteckung ihrer Bestände fürchten, nicht die Stadt- und Landbewohner, die unter den in die Ortschaften hineidrängenden Tieren leiden. Auch nicht die Jäger, die sich allzu oft mit den durch „ihre“ Sauen verursachten Ärgernissen auseinandersetzen müssen.

Die Jäger  konnten den Anstieg der Population in ganz Europa trotz der immensen Jagdstrecken nur verlangsamen, nicht verhindern.

Der Autor des eingangs erwähnten Berichtes aus Österreich schließt mit folgendem Fazit:
„Wir müssen daher davon ausgehen, dass das Wachstum der Wildschweinpopulation in Österreich durch die im Zuge des Klimawandel milder werdenden Winter sowie durch die erhöhte Nahrungsverfügbarkeit noch geraume Zeit anhalten wird. Eine Selbstregulation wird erst ab Bestandsdichten einsetzen, die sich niemand wünschen kann. Die Jagd ist also weiterhin gefordert…“

Dem ist eigentlich auch in Deutschland nichts hinzuzufügen.

Nun zu dem Schwarzwild in Lambrecht.

Die Lambrechter Gemarkungsfläche beläuft sich auf 832 Hektar. Davon bejagbar sind 679 Hektar. Die Jagdflächen verteilen sich auf drei Jagdbezirke:

  • Klosterwald 1 östlich der Linie Beerental-Kaisergarten mit 235 Hektar,
  • Klosterwald 2 westlich der o.a. Linie bis Iptestal mit 335 Hektar und
  • Deidesheimer Wald (Angliederung nördlich der B39) mit 109 Hektar.

In allen Jagdbezirken wird das Schwarzwild schon seit Jahrzehnten ganzjährig scharf bejagt. Formelle Restriktionen gibt es beim Schwarzwild nur im Hinblick auf den Mutterschutz: führende Bachen dürfen nicht erlegt werden, solange die Frischlinge von ihnen abhängig sind.
Ein gelegentlich auftretendes Jagdhemmnis bei größeren Jagdstrecken sind allerdings Absatzprobleme duch die derzeit geltenden Hygienebestimmungen: Die früher übliche Abgabe von Wildbret an Privatpersonen ist nur noch eingeschränkt möglich.

Die überwiegend geübte Jagdart ist die Ansitzjagd von Hochsitzen oder „Kanzeln“ aus. In allen Jagdbezirken gibt es auch eine (gesetzlich eingeschränkte) Anzahl von „Kirrungen“. Das sind Plätze, an denen geringe Mengen von Mais ausgelegt werden dürfen, um die Sauen anzulocken, damit sie hier erlegt werden können.
Nur am Rande sei hier erwähnt, dass die Ansitzjagden heute auch durch das Freizeitverhalten der Bürger schwieriger geworden sind: wesentlich mehr Menschen als früher verbringen als Wanderer, Radfahrer, Geocatcher, u.a.m. auch die Abend- und Nachtstunden im Wald und zwingen das Wild in die Dickungen.

Der stetige Anstig der Bestände konnte durch die Bejagung auch in Lambrecht nicht verhindert werden. Das Schwarzwild verteilt sich großräumig über seinen Lebensraum. Der Naturpark Pfälzerwald hat eine Fläche von 179.000 Hektar. Die darin lebende Gesamtpopulation von Wildschweinen kann man mit der Jagd auf den drei relativ kleinen Jagdflächen in Lambrecht natürlich in keiner Weise beeinflussen. Leerräume füllen sich sofort wieder auf. Rotten wandern manchmal  kilometerweit von den Schlafplätzen zu ihren Futterstellen.

Die Probleme mit den Wildschweinen im Stadtgebiet.

Seit den 1960er Jahren, mit Höhepunkt um das Jahr 2000, gab und gibt es immer wieder Beschwerden über Wildschweine im Stadtgebiet: umgeworfene Mülleimer, verwüstete Hausgärten, beängstigende nächtliche Begegnungen mit einzelnen Sauen und manchmal ganzen Rotten, die durch die Straßen ziehen. 

Die Ärgernisse verursachen sowohl Sauen, die in der Nacht aus den stadtnahen „Einständen“ (Tagesverstecke) in die Stadt ziehen, als auch in nicht geringem Umfang solche, die weite Wege meiden und die Nächte in der Stadt verbringen.

Bezüglich der Wildschweine, die aus dem Wald in die Stadt wechseln, gibt es eigentlich zwei jagdliche Eingriffsmöglichkeiten: die Bejagung an den Nachteinständen und an von den Sauen genutzen Wechseln. Speziell in Lambrecht funktionieren aber beide Möglichkeiten eher schlecht: rund um die Stadt gibt es mehr geeignete Bestände mit dichtem Unterholz als von einer überschaubaren Zahl von Jägern überwacht werden können. Darüber hinaus gibt es in diesen Bereichen so gut wie keine Ansitzeinrichtungen mehr, da in den letzten Jahren alle (außer einem neuen Hochsitz in den Bohnenäckern) dem Vandalismus zum Opfer fielen.
Das Abfangen der Sauen an den Wechseln zur Stadt scheitert wiederum an der schieren Anzahl der Wechsel aus den Einständen, die unmittelbar an die Stadt heranreichen.

Die Jagd und das Schwarzwild in der Stadt.

Das Schwarzwild, das in in die Stadt hineingewechselt ist, entzieht sich beim Überschreiten der Grenzen der Bebauung dem „jagdlichen“ Geschehen. 

Das Stadtgebiet ist nämlich nach den jagdrechtlichen Bestimmungen überwiegend „befriedet“ und hier „ruht“ die Jagd. Formell befriedet sind beispielsweise der Friedhof und Hausgrundstücke mit den eingezäunten Gärten.

Weiter gibt es in der Stadt Grundstücke, die nach dem Jagdrecht nicht „befriedet“ sind, auf denen aber „Örtliche Jagdverbote“ (LJG § 24) gelten. Das sind Bereiche, an denen die Jagdausübung nach den Umständen des Einzelfalles nicht ausgeübt werden darf, weil die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gestört oder das Leben von Menschen gefährdet würde“. Beispielsweise das verwilderte Gelände am Speyerbach unterhalb des Pfades vom Kleien Weg zur Grabenstraße. Hier ist die Jagdausübung faktisch kaum möglich, weil bei der heutigen Sensitivität der Bevölkerung im Zweifelsfall sehr schnell Bürger die öffentliche Ordnung gestört sehen und die Jäger in Teufels Küche geraten können.

Das Stadtgebiet Lambrecht gehört somit zu keinem der drei an den Stadtbereich angrenzenden Jagdbezirke. Jagt er hier trotzdem, stört er zumindest die „öffentliche Ruhe und Ordnung“ und kann seinen Jagdschein verlieren. Und er haftet ohne Versicherungsschutz für alle Sach- und Personenschäden die durch ihn oder auch das aufgescheuchte Wild dabei entstehen, da die Jagdhaftpflichtversicherungen nur die „Haftpflicht aus erlaubter jagdlicher Betätigung“ abdecken.

Von diesem grundsätzlichen Jagdverbot gibt es Ausnahmen.

• Die Untere Jagdbehörde kann in Ausnahmefällen einzelnen Jägern für eine bestimmte Zeit in befriedeten Bezirken eine „beschränkte Jagdausübung“ erlauben. Das Instrument taugt nur in ganz speziellen Fällen.

Jäger werden regelmäßig  von der Polizei oder Bürgern zuhilfe gerufen, wenn etwa
• ein gesundes Stück Wild in der Stadt herumirrt,
• ein krankes Stück nicht mehr von der Stelle kommt oder
• ein totes Tier herumliegt, das beseitigt werden muss.
Dabei handelt es sich jeweils um andere rechtliche Situationen.

Wenn der Jäger aber von Privatleuten in der Stadt bei gesundem Wild zu Hilfe gerufen wird, das sich beispielsweise in einen Garten verfangen hat, muss er aufpassen: da in befriedeten Bezirken nur Risiken aus dem erlaubten Bejagen und Erlegen von Tieren versichert sind (z.B. Inter-Versicherung) deckt ihn seine Versicherung nicht bei Schäden, die er oder das aufgescheuchte Wild bei dieser Gelegenheit verursachen, es sei denn, er hat eine „Erlaubnis“. Eine solche kann nur „die zuständige Behörde“ (Untere Jagdbehörde) oder die Polizei erteilen, aber kein Gartenbesitzer und kein Bürgermeister. Einer entsprechenden Aufforderung der Polizei kann der Jäger folgen, muss aber nicht, etwa wenn er sich den Einsatz nicht zutraut oder die Situation für zu gefährlich hält.

Krankes oder verletztes Wild leidet Schmerzen und wird in seiner Not oft sehr aggressiv, wen sich ihm Menschne nähern. Hier kann ein jeder hinzukommender oder beigerufener Jäger als „Sachkundige Person“ nach den tierschutzrechtlichen Bestimmungen das Tier ggf. mit geeigneten Mitteln, notfalls auch Gebrauch einer Schusswaffe, von seinen Schmerzen erlösen. Das gilt auch in befriedenten Bereichen oder fremden Jagdbezirken. Versicherungstechnisch ist ein solcher Eingriff abgedeckt als „unmittelbar mit der Jagd in Verbindung stehende Tätigkeit“ (z.B. bei Inter-Versicherung).

Die Entsorgung toter Tiere in der Stadt ist grundsätzlich Sache der Grundstückseigentümer. In Lambrecht hat die Jägerschaft diese Aufgabe im Rahmen einer Verinbarung mit der Kreisverwaltung übernommen und wird dafür von der sonst fälligen Jagdsteuer entlastet.
Für die Fallwildentsorgung im Stadtgebiet ist nach den örtlichen Gegebenheiten nördlich der B 39 der Pächer des Deidesheimer Waldes zuständig, zwischen den Jagdbezirken Klosterwald 1 und 2 verläuft die Grenze entlang der Beerentalstraße. 

Welche Möglichkeiten bestehen, dem Schwarzwild das Stadtgebiet zu verleiden?

Vereinzelt wird wohl Schwarzwild in die Stadt ziehen, weil es dort sicher vor Bejagung ist, um dem Jagddruck im Wald zu entweichen.

Das gegenüber der freien Wildbahn erhöhte vielseitige Nahrungsangebot in der Stadt ist aber der Hauptreiz für die Sauen, in die Stadt zu ziehen.
Es gilt also, alle Gärten mit dem schönen Wurzel- und Blattgemüse einschließlich der nahrhaften Komposthaufen fest genug einzuzäunen. Wichtig ist dabei eine gute Verankerung des Zaunes im Boden mit einer festen untere Querverbindung, die nicht angehoben werden kann. Leichte und preiswerte „Wildzäune„ mit verschweißten Eckpunkten sind geeignet, auch „Jägerzäune“ aus Holz von etwa einem Meter Höhe. Ungeeignet sind leichte Drahtzäune aus Viereckgeflecht, zumal wenn sie schlecht gespannt sind. Da drücken sich die Schweine problemlos durch.

Die Mülleimer dürfen für das Schwarzwild (übrigens ist das auch zweckmäßig wegen der neuerdings gelegentlich herumstreifenden Waschbären) nicht zugänglich sein. Auf der Straße sollten die Eimer auch morgens vor der Müllabfuhr herausgestellt werden, nicht am Abend zuvor, damit die Sauen nicht nachts durch die Straßen ziehen und sie umwerfen, um an den nahrhaften Inhalt heranzukommen.
Schon gar nicht kann es sein, dass die Sauen in der Stadt auch noch angefüttert werden, auch nicht mit kleinsten Futtermengen (ist nach § 25 LJG ohnehin verboten). Das bedeutet auch, dass Töpfe mit Hunde- und Katzenfutter nachts weggestellt werden müssen.

Ein Problem, dem nur schwer beizukommen ist: Das Schwarzwild hat ganzjährig genügend „Einstände“ in der Stadt, also Möglichkeiten, sich tagsüber hier zu verstecken. Da ist das erwähnte verwilderte Gelände zwischen dem Speyerbach und dem Kleinen Weg. Oder die großen Brombeerhecken zwischen der Straße Am Dicken Stein und dem Brechlochweg. Aber auch in einer kleinen Hecke im Südosten des Sportplatzes lagen schon mehrfach tagsüber die Sauen. Oder in mehreren verwilderten Bauplätzen im südlichen Stadtbereich. Ein Überläufer wurde einmal an einem hellen Nachmittag in der kleinen, nur etwa zehn Quadratmeter kleinen Hecke an dem Treppenweg von der Wiesenstraße zur Johann-Casimirstraße entdeckt.
Es wäre natürlich sehr hilfreich, wenn man die Zahl diese Tagesverstecke deutlich reduzieren könnte. Sie sind aber alle Privatbesitz und die Eigentümer kaum zu bewegen etwas zu tun.

Es gibt momentan noch neue Entwicklungen, die die Schwarzwildpopulation begünstigen. Da ist einmal der „Naturnahe Waldbau“, der aus guten Gründen auch im Lambrechter Stadtwald gepflegt wird. Bis in die 1990er Jahre waren die Waldflächen noch mehr oder weniger klar gegliedert. Es gab damals räumlich schön getrennte Dickungen und Althözer. Da die Sauen offenes, übersichtliches Gelände meiden lagen sie tagsüber in den Dickungen. Wenn sie abends herauskamen oder bei Drückjagden herausgetrieben wurden, konnten im benachbarten hohen Holz gut bejagt werden. Heute sind zunehmend in den Beständen alle Altersklassen vertreten, dichten Unterwuchs findet das Wild fast überall, feste Wechsel sind kaum noch auszumachen.
In dem unübersichtlich gewordenen Waldgelände sind auch die früher üblichen Drückjagden sehr ineffektiv geworden.
Der Waldumbau hat sich in den letzten Jahren auch noch durch die Borkenkäferkalamitäten beschleunigt. Über dem Friedhof entsteht gerade auf einer geräumten Borkenkäferfläche eine Neukultur und damit – sehr stadtnah –  ein  großer und bequemer Einstand.

Auch am Stadtrand hat sich das Nahrungsangebot für das Schwarzwild gravierend verbessert: Durch die sonst ja höchst lobenswerte Anlage der großen Streuobstwiesen in den Bohnenäckern. Diese ziehen schon jetzt die Sauen magisch an, weil sie auf den Wiesen nach Herzenslust und sehr erfolgreich nach Würmern, Mäusen, Engerlingen und was auch immer graben können. Künftig kommt im Herbst auch das Fallobst dazu. 

Die Beschwerden über Schwarzwild in der Stadt kulminieren regelmäßig im Herbst, wenn im Wald die Bucheckern und Eicheln fallen: Dann brauchen die Sauen offensichtlich ihre tierische Ergänzungsnahrung, die sie eher in den Grünflächen der Stadt als in den dichten Wäldern finden. Der Drang auf diese Freiflächen ist übrigens weitgehend unabhängig von der Höhe der Gesamtpopulation. In Rheinland-Pfalz wurden im Jagdjahr 2021/22 insgesamt rd. 82.000  Wildschweine erlegt, 2022/23 nur noch 45.000 Stück. Der Bestand war also stark reduziert. Trotzdem wurde 2023 wieder so ein Herbst mit besonderen Problemen, allenthalben konnte man in den waldnahen Bereichen an den Straßenböschungen Wühlschäden sehen, u.a wurde der Ehrenhain am Tennisgelände völlig umgegraben. Ein Trost bleibt aber immer: Wenn am Haardtrand die Kastanien fallen, ziehen viele Sauen ohne Wiederkehr nach Osten und die Lage entspannt sich wieder.

Wie eingangs in dem Bericht aus Österreich erwähnt: auch für Lambrecht gilt: „Wir müssen daher davon ausgehen, dass das von den Sauen ausgehende Wildschweinproblem noch geraume Zeit anhalten wird“.

Schließlich leben wir Menschen mitten im großen Lebensraum dieses urigen Wildes!

Sicherheit im Umgang mit Wildschweinen

Ein Aspekt sollte in dieser Situation aber nicht vergessen werden: Ein großes Sicherheitsproblem stellen Sauen in der Stadt nicht dar, solange gewisse Regeln beachtet werden.
Im gewiss nicht dünn besiedelten Berlin leben derzeit geschätzt um die 5.000 Sauen. Von Personenschäden oder gar ernsthaften Verletzungen oder tödlichen Unfällen ist in den letzten Jahren weder etwas zu lesen gewesen, noch ist darüber etwas im Internet zu finden. 

Wildschweine sind grundsätzlich nicht aggressiv. Bei Begegnungen mit Menschen ziehen sich fast immer zurück, sofern die Örtlichkeit das zulässt.

Es gibt aber Ausnahmen.

Angefahrene oder sonst akut verletzte Sauen sind unberechenbar und greifen, insbesondere wenn sie nicht flüchten können, regelmäßig an, wenn ihnen jemand zu nahe kommt. Da können nur ausgebildete Leute eingreifen, Jäger oder Polizisten.

Werden Sauen gehetzt, ob auf der Jagd oder von einem wildernden Hund, geraten sie so in Stress, dass sie auch Menschen angreifen können, die ihnen in die Quere kommen. Meistens rennen die Sauen den „Gegner“ dann einfach nur um und flüchten weiter. Bei älteren Keilern kann es gefährlicher werden: die haben sehr scharfe „Waffen“ („Hauer“, Reißzähne), mit denen sie blitzartig mit einem von unten nach oben geführtem Hieb schwerste Verletzungen zufügen können. Den Bachen fehlen die langen Hauer, sie können aber feste beißen.
Diese Situationen können aber gut vermieden werden, wenn bei Drückjagden das Jagdgebiet gemieden wird und die Hunde bei Spaziergängen in Schwarzwildgebieten an der Leine geführt werden, damit sie nicht hetzen können. 

Eine gewisse Gefahr geht auch von führenden Bachen aus. Auch diese ziehen sich bei Begegnungen mit Menschen zwar regelmäßig zurück, wenn ihnen das problemlos möglich ist, sie zögern aber keine Sekunde, etwa über Hunde herzufallen, die sich ihren Frischlingen nähern. 

Bei einer „normalen“ Begegnung mit Sauen, ob in der Stadt oder im Wald sollte man sich verhalten wie folgt:

• Nicht in Panik geraten, nicht schreien und nicht planlos irgendwo hinrennen.
• Zunächst mal ruhig stehen bleiben und das Geschehen beobachten. Die Sauen haben den Menschen vermutlich schon vor ihm entdeckt und schauen, wie der sich benimmt.
• Die Sau oder gar die ganze Rotte kann man dann ruhig ansprechen, etwa fragen, wo sie herkommen und was sie nun vorhaben. Der Wortlaut ist völlig egal, aber die Tonlage ist wichtig. Sie soll Entspannung signalisieren.
• Dann kann man sich ruhig von dem Wild wegbewegen.

Mit größter Sicherheit wird so kein Personenschaden entstehen. 

Wenn man allerdings einen bellenden Hund an der Leine hat, ist es deutlich brenzliger. Den sollte man versuchen ruhig zu stellen und verfahren wie beschrieben. Da können aber schon Situationen entstehen, für die man keine generellen Lösungen empfehlen kann.

Eine besondere Spezies der Sauen sind jene, die sehr nahe an die Menschen herangekommen sind. Sei es durch Fütterung oder durch ein langes Leben in der Stadt, wo sie lernten, dass die Stadtmenschen ihnen nichts tun.

Obgleich die Jäger in der Stadt keine originären Aufgaben haben  werden sie im Interesse des Gemeinwohls häufig auch hier tätig.

Ein nettes Beispiel wie ein derartiger Einsatz ablaufen kann:

Vor etwa zwei Jahren bat mich die Polizei als einheimischen Jäger, in der Lambrechter Wiesenstraße nach dem Rechten zu sehen, da gebe es einen Anruf wegen einer Sau. Ich ließ mir wie üblich bestätigen, dass ich jetzt vorübergehend ein behördlich beauftragter und mit allen Vollmachten versehener Stadtjäger sei und fuhr in die Wiesenstraße. Dort traf ich an der Treppe zur Johann-Casimir- Straße am Geländer drei Rentner, die auf einen Überläufer zeigten, der fünf Meter weiter gelangweilt in einem Busch herumwühlte. Das sei wohl der, der schon seit Wochen die Vorgärten in der Nachbarschaft heimsuche. Und sie fragten, was ich nun unternehmen wolle. Der mickrige Überläufer sah räudig und sehr verkommen aus und ich erklärte, dass ich normalerweise versuchen würde, ihn aus Gründen des Tier- und Seuchenschutzes mit dem Jagdmesser ins Jenseits zu schicken, wenn er damit einverstanden und ich dazu in der Lage wäre und wenn keine Leute da wären, die dann ein Geschrei anfangen würden. Die drei sagten, das fänden sie sehr interessant, sie würden nicht schreien und ich könne sehr gerne mein Werk verrichten. Dann kam ein älteres Ehepaar hinzu und ließ sich von den Rentnern die Situation erklären. Die zwei meinten dann, dass man doch lieber versuchen solle, das arme Tier zum Tierarzt zu bringen. Ich sagte dann zu den drei Rentnern, dass mein Einsatz jetzt beendet sei, sie mögen mit dem Ehepaar den weiteren Fortgang besprechen und wollte mich verabschieden. Das Ehepaar meinte dann aber, es so ernst nicht gemeint zu haben und ich ihnen doch erklären möge, wie das mit dem Messer ginge und wie und was. Der Sau dauerte nun die Diskussion zu lange. Sie begab sich auf die andere Seite der Wiesenstraße und verschwand in einem offenen Gartentor.
Dort klingelte ich den Eigentümer heraus. Der sagte, ja, das habe er an seiner Arbeitsstelle in Erfenstein schon öfter erlebt, da komme gelegentlich auch eine Sau ins Betriebsgelände, dann komme immer ein Förster und schaffe sie wieder in den Wald. Ich holte mir also die Erlaubnis, das auch bei der Sau im Garten zu versuchen. Der Überläufer stand schon im Salat. Als er mich ankommen sah, galoppierte er sofort auf mich zu. Vermutlich hatte er gelernt, dass die Leute bei so einem Scheinangriff losrennen. Ich blieb aber ruhig stehen. Er auch, anscheinend überrascht, direkt vor meinen Füßen. Er blieb auch noch ziemlich ratlos stehen, als ich ihn fragte, was wir jetzt machen sollen. Da warf ich ihn mit einem schnellen Schubs auf die Seite und hielt in auf dem Boden fest. Das Messer lag noch im Auto und ich hätte es auch unter den empfindsamen Augen der Leute ungern benutzt.
Was blieb mir also übrig: ich hob das arme quietschende Tier an den Hinterläufen hoch, brachte es zu Auto, ließ mir die Heckklappe und die Hundebox öffnen und schob es hinein.

Die Korona war sehr zufrieden.
Der Überläufer überlebte die Aktion übrigens nicht. Ein Jagdfreund wollte ihn hochpäppeln, zwei Tage später starb er aber eines natürlichen Todes.

Solche Aktionen unter den Augen einer immer kritischer und empfindlicher werdenden Stadtbevölkerung können leicht aus dem Ruder laufen sind für die Jäger sehr stressig.

In Berlin können die Forstbehörden „in Ausnahmefällen zur Gefahrenabwehr oder Tierseuchenbekämpfung mit Genehmigung des Grundeigentümers ausgewählten und besonders geschulten Jägern eine beschränkte Jagdausübung gestatten“.

In Rheinland-Pfalz gibt es derartige Regelungen wohl noch nicht. Hier ist es aber auch bezüglich der Sauen noch lange nicht so brenzlich wie am Grunewald.



Das Wesentliche zum Schutz gegen Wildschweine in Lambrecht

  • (Garten-)Grundstücke wildschweinfest eingrenzen.
  • Mülleimer dürfen für das Wild (Wildschweine aber auch Waschbären) nicht zugänglich sein.
  • Mülleimer sollten erst morgens vor der Müllabfuhr auf die Straße gestellt werden.
  • Wildschweine nicht füttern. Auch Töpfe mit Hunde- oder Katzenfutter nachts ins Haus holen.
  • Verwildertes Gelände, das als Einstand für Wildschweine dient, räumen.

Das Wesentliche bei Begegnungen mit Wildschweinen

  • Sich verletzten oder kranken Tieren nicht nähern, sondern Polizei verständigen.
  • Bei Drückjagden Jagdgebiet meiden.
  • Bei Spaziergängen im Schwarzwildgebiet (Wald) Hunde anleinen.
  • Bei Begegnungen mit führenden Bachen (weiblichen Wildschweinen mit Nachwuchs) Abstand halten, auf keinen Fall zwischen Mutterschwein und Frischlinge kommen, geschweige denn versuchen die jungen Wildschweine zu streicheln. Den mitgeführten Hund beruhigen.

Bei einer „normalen“ Begegnung mit Wildschweinen, ob in der Stadt oder im Wald sollte man sich verhalten wie folgt:

  • Nicht in Panik geraten, nicht schreien und nicht planlos irgendwo hinrennen.
  • Zunächst mal ruhig stehen bleiben und das Geschehen beobachten. Die Wildschweine haben den Menschen vermutlich schon vor ihm entdeckt und schauen, wie der sich benimmt.
  • Das Wildschwein oder gar die ganze Rotte kann man dann ruhig ansprechen, etwa fragen, wo sie herkommen und was sie nun Vorhaben. Der Wortlaut ist völlig egal, aber die Tonlage ist wichtig. Sie soll Entspannung signalisieren. Dann kann man sich ruhig von dem Wild wegbewegen.

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